Beim Generator Erwin Schatzmann im Morgenland Offspace

Der neue Eularius Lapidarius lädt die Ordensträger und die Findungskommission zu einem genügenden Mahl und zur Präsentation seines Wirkens ein. Heuer waren wir bei Erwin Schatzmann im Morgenland Offspace. Erwin der Sechzehnte, der Generator, wie er sich selbst nennt, führte uns in sein kultig gebautes Traumland. Das Morgenland erinnert vielleicht etwas an die Heiligen Drei Könige. Erwin ist zwar kein König, aber sein Vater, Grossvater und sein Bruder hiessen wenigstens Balthasar. Auch erinnert das Areal etwas an den Orient, hat doch Erwin Afghanistan, Pakistan und Indien besucht. Und überhaupt: aus dem Osten kommt das Licht, da geht die Sonne auf. Die farbige Welt mit Fabelfiguren mit überzeichneten Menschen, Hunden, Weihnachtskugeln, Madonnenbildern und Kronleuchtern nennt er eine soziale Plastik, die einen Punkt der menschlichen Begegnung darstellt.

Sein einstündig brillant gehaltenes Referat über sein Wirken faszinierte, hielt Erwin in dieser Zeit doch einen Speech mit dem Inhalt von sechs Semestern Kunst, Kunstgeschichte, Soziologie, Nachhaltigkeit, dem Umgang mit Kunst und Philosophie. Kunst ist für ihn nicht etwas in der Aussenwelt Stattfindendes, der Art, man wohnt in einer Schachtel und geht dann zur Kunst, Oper, Theater, Kino Ausstellung und wieder zurück in die Schachtel. Erwin wohnt und lebt in der Kunst, er macht Alltagsgegenstände wie Stühle, Tische, Bänke, Beleuchtung, Garderoben zur Kunst und wohnt mittendrin. Im Sinne der Nachhaltigkeit nutzt er Bestehendes, gestaltet es um und nutzt es kunstvoll weiter. Erzählend meinte der Generator, es sei wunderbar mit Kindern zu arbeiten, die ihn mit Schulklassen besuchen. Diese seien fasziniert vom eigenen Gestaltungswillen und wollten mit ganz grossen Augen fast nicht mehr nach Hause gehen. Um mit Gästen zu plaudern, arbeitet er sehr gerne an Kleidern. Nähen sei eine wunderbare Tätigkeit für Gespräche. Nur beim Einstich braucht es Konzentration, beim Faden Herausziehen macht man Augenkontakt und schaut in die Runde und macht einen Schwatz.

Es war ein wunderbarer Abend.

06.07.2023 / Chrigel Hunziker, der Vierte

Erwin der Sechzehnte

Laudatio an der Eröffnung der Winti Mäss am 09.11.2022

Heute wird der 16te Eularius Lapidarius verkündet. Klar kommt die Frage auf was ist der Eularius Lapidarius? Vor langer Zeit haben sieben redliche Geschöpfe aus dieser Gartenstadt und der Stadt der Museen einen Orden in die Welt gesetzt. Mit diesem Orden werden Menschen gewürdigt, die in Winterthur oder der sehr nahen Umgebung leben und in besonders auffälliger Weise für die Stadt positiv und humorvoll mir ihren Taten und auch Untaten Aufsehen erregen und die Stadt Winterthur nach Aussen in ihrem Ansehen stärken.

Bis anhin sind die noch lebenden Ordensträger und Ordensträgerinnen: Peter Arbenz, Claudia Corti, Ruth Werren, Baldo Lattmann, Chris Pierre Labüsch, Edi Wettstein, Beni Turnheer, Bruno Isliker, Tschüge Stahl, Truls Toggenburger Bettina Stefanini und ich.

Nun geht es um den 16ten Eularius Lapidarius. Er ist in Agasul, also sehr in der Nähe von Winterthur aufgewachsen. Und nein, ich habe nicht vergessen zu gendern, der neue Eularius Lapidarius hat, so viel sei schon verraten, sein Leben mit einem maskulinen Hintergrund verbracht. Er hat in Winterthur und auf der Welt bereits einige Wohnsitze probiert, nun hat er aber seit einiger Zeit sein Habitat in Winterthur gefunden. Er treibt sein Un- und sein Wesen in einem Gebiet für besonders störende Betriebe. Sein ganzer Wohn und Arbeitsort ist gebaut aus Abbruchmaterial aus einer danebengestandenen Fabrik. Er hat das Wort Wertstoff nicht erfunden, er hat aber allem Material ein neues Leben gegeben. Nichts ist unnütz und seinen Lebens- und Arbeitsort bezeichnet er als Soziale Plastik. Er sagt ganz bestimmt, dass Liebe nicht bei den Menschen und bei den Tieren aufhören soll, die gleiche Wertschätzung soll auch gegenüber Material oder Stoffen gelten. Was der neue Eularius Lapidarius bereits sein Leben lang macht, ist eigentlich moderneste Circular Economy oder eben Kreislaufwirtschaft. Holz ist sein Hauptmaterial. Er gestaltet in vielen Fällen aus ganzen Baumstämmen Figuren vielleicht zum Draufsitzen, oder zum Anschauen, zum Staunen, zum Träumen oder einfach um die Seele baumeln lassen. Die geschnitzten ausdrucksstarken holzigen und mit prägnanten Farben designten Artefakte mit Gesichtern laden zum Verweilen ein. Man weiss nie genau, ob du am Beobachten bist oder ob die Figuren dich beobachten. In seinem Morgenland, wie er sein Habitat nennt, hat es hunderte Figuren. Und das sind nur die unverkauften Exemplare. Von seiner Gestaltungskraft bleibt nichts verschont. Alle seine Kleider haben durch seine Hände Unikat Charakter und sind selbst gemacht. Von den Schuhen bis zur Kopfbedeckung kann sich kein Kleidungsstück seiner Formgebung entziehen. Neben der Gestaltung seiner Bleibe, seiner Werkstatt, seines Dorfplatzes mit seinen Figuren, Statuen und Plastiken sitzt er auch ab und zu an seinen Schreibtisch mit der Hermes Baby. Sein erstes Buch ist vor zehn Jahren erschienen. Er ist nicht nur Autor und Schriftsteller, dass er ein Philosoph ist zeigen seine Aussagen wie. «Das Leben ist an und für sich gut, weil es die einzige Alternative zum Tod ist» oder «Gott liebt Käfer: von denen hat er am meisten gemacht» und «Mut ist eine Grundvoraussetzung, um Kunst zu machen und nicht lernbar, man kann aber anderen Mut machen und das ist der Effekt der Kunst». Durch ihn gab es eine Volksabstimmung in Winterthur mit der er es fast fertiggebrachte, dass wir einen See erhalten hätten. In bisschen leidet er aber schon, er leidet an ständigen Geistesblitzen. Ja, der Maler, Holzbildhauer, Objektkünstler, Kulturforscher und Kunstvermittler, Gestalter, Philosoph und nun der neue Eularius Lapidarius heisst Erwin Schatzmann.

Chrigel Hunziker der Vierte

Bettina die Fünfzehnte - Von der Damenschneiderin zur Doktorwürde

(Laudatio am 1.12.2021 im Win Tower)

In der Jugend hat Bettina Stefanini Winterthur als zu eng empfunden. Die scharfe Trennung zwischen Widder, Geduld und Rössli führte sie zur Suche nach anderen Lebensorten. Als gelernte Damenschneiderin war sie von der Mode fasziniert, die sie nach Paris, der Stadt der Mode führte. Auch Dublin und Berlin hatten es ihr angetan. Irgendwie wurde ihr bereits etwas Internationales in die Wiege gelegt, haben ihr doch Bruno, wie sie ihren Vater nennt, etwas Italienisches und die glarnerische Mutter mit elsässischen Wurzeln früh etwas Kosmopolitisches beigebracht.
Dann trieb die Krise sie aus Irland weg. Sie notierte mit ihrem damaligen Lebenspartner 10 Orte, wo sie gerne leben würden. Berlin wurde von beiden Seiten erwähnt.

Nach einigen Jahren zog es sie wieder zurück nach Dublin. Aber es war kein Zuckerschlecken, ist doch Irland nicht voll in das Schengen Abkommen integriert und somit war Arbeit für eine Schweizerin, alleinerziehend mit einem Kind eher schwierig. Sie entschied sich für eine akademische Laufbahn, musste dafür aber zuerst die nötige Reife erreichen. Ihre Arbeit mit den Umweltwissenschaften führte sie quer durch Europa, z.B. nach Grossbritannien, Deutschland und Litauen, und sie erklärte Siedlungsgeschichte vor allem anhand von Feuchtigkeitsindikatoren in Feuchtgebieten. Damit promovierte sie und erhielt die Doktorwürde in Irland. Darauf erhielt sie einen Lehrstuhl an einer Uni in Dublin, lehrte und arbeitete an diversen Themen als Umwelt-Archäologin. Zu dieser Zeit war die wirtschaftliche Lage in Irland nicht mehr zum Besten bestellt. Der ökonomische Aufschwung hatte sich mehr als abgekühlt und in der Staatskasse war zu wenig Geld. An allen Ecken wurde gespart und somit auch an den Hochschulen und sie wurde trotz ihrer anerkannten Verdienste nicht in den Stand einer Professorin berufen.

Bruno Stefanini erlitt dann einen Unfall, von dem er sich nicht mehr richtig erholte. Nach seinem Tod folgte ein unschöner Kampf um Brunos Nachfolgeregelung, die in der Urform die Rechte zur Bestimmung der Stiftungsleitung in die Hände der Kinder Stefaninis legte. Dies wurde umgeschrieben und umgedeutet. In einem grösseren Rechtsstreit, der über das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen erst vor dem Bundesgericht in Lausanne endete, wurden aber den Kindern von Bruno diese Rechte wieder zugestanden. Bettina wurde Präsidentin der Stiftung Kunst, Kultur und Geschichte und gestaltete die Geschäfte in die heutige Situation. Ihr Bruder ist auch im Stiftungsrat und arbeitet in einem Stiftungsbetrieb.

Die SKKG versteht die Kulturgüter in ihrer Sammlung als Teil des gesellschaftlichen, historischen und geografischen Gedächtnisses. Nun sortierten, beschrieben und katalogisierten viele Hände die unendlich vielen Objekte. Auch den Bereich Liegenschaften professionalisierte Bettina Stefanini und versah ihn mit einem sehr coolen Slogan "Terresta - faire Mieten. Engagierte Bewirtschaftung". Ein weiterer Leuchtturm im Wirkungsfeld der Stiftung ist das Schloss Grandson, soll doch diese Festung direkt am Neuenburger See mit seiner fast 1000 jährigen Geschichte in etwa 3 Jahren total umgebaut und saniert sein.

Es ist nicht die Idee, mit den Unmengen von Unikaten ein Museum zu erstellen. Der spezielle Schatz wird aber für Ausstellungen wo auch immer als Leihgaben zur Verfügung gestellt. Museen und Ausstellungen sind ja für alle Menschen zugänglich. Trotzdem wird das breite Angebot nur von Wenigen genutzt. Bettina möchte dies ändern und die gläsernen Hürden etwas verringern. Es sollen sich mehr Menschen für Kulturgüter interessieren. Vielleicht ist ihr soziales Gedankengut noch getriebenen von der Jugenderfahrung mit dem Graben zwischen Widder, Geduld und Rössli. Viele Schritte dazu sind bereits vollbracht worden. Jedenfalls ist für eine Jury öffentlich eine breit abgestützte Besetzung gesucht, die mal fernab der immer selben Kunstsachverständigen besetzt sein wird.

Bettina Stefanini, du hast deine wertvolle und weitsichtige Arbeit nicht nur für die SKKG wertvoll gestartet, du hast auch das Erbe von Bruno ich denke in seinem Sinne weiterentwickelt und die dafür nötige Publizität genährt. Diese wertvolle Arbeit strahlt nicht nur für die Stiftung, sie erleuchtet auch den Schein von Winterthur. Für dein Engagement für Kunst, Kultur und Geschichte und fairen Wohnraum in Winterthur danken wir dir herzlich und ernennen dich im Rahmen der Eularius Lapidarius als Bettina, die 15te.

Chrigel Hunziker 01.12.2021

Nachruf Heiri Vogt

Von Chrigel Hunziker

Ja. Unser erster, Heiri der Erste, verstarb im Alter von knapp 80 Jahren auch aus dem Kreise der Eularius Lapidarier. Er wurde als erster Ordensträger im Jahre 2008 in diesen Stand gehoben. Als Eularius Lapidarius werden Menschen geehrt, die sich in besonders und ehrvoller Weise und der Kompetenz von wider-dem-tierischen-Ernst für die Stadt Winterthur und dessen Ruf in spezieller Weise verdient gemacht haben. Der Tösstaler Heiri Vogt wurde in Rikon geboren und ging auch dort zur Schule. Als gelernter Bäcker zog es ihn schon bald zur den Schweizerischen Bundesbahnen, wo er bis zu seinem Ruf als Stadtrat von Winterthur als Stellwerksbeamter arbeitete. Unter anderem erlernte er seine politischen Kompetenzen als Bahngenossenschafter. Zur damaligen Zeit musste man, wenn man die Weichen richtig stellen wollte, ganz schön Hand anlegen, denn die Weichen wurden vom Stellwärterhaus ohne motorische oder gar elektrische Unterstützung mit geschickt angelegten Seilzugsystemen bewegt. Um aber die grossen Weichen zu stellen, liess sich Heiri als volksnaher Gemeinderat 1986 für die Sozialdemokratische Partei in einer respektablen Kampfwahl in den Stadtrat von Winterthur wählen. Er übernahm das Amt als Bauvorstand von Peter Arbenz und gestaltete es sechzehn Jahre bis zu seinem Rücktritt 2002. Zum Wahlkampf meinte er: «Ich lasse mir deswegen keine grauen Haare wachsen» - welche er zur damaligen Zeit aber bereits auf seinem Kopf trug.

Er hatte die Gabe, komplexe Zusammenhänge mit einfachen Worten zu erläutern und klar doch, dass diese Art zu kommunizieren ihm grosse Achtung verschaffte und ihn zum sehr volksnahen Exekutiv-Politiker machte. Nicht an wenigen Orte glaube ich gehört zu haben, dass ihm «der Willy Ritschard von Winterthur» nachgesagt wurde. Ab und zu kokettierte er auch damit, dass er der «teuerste Stift» der Eulachstadt sei oder mit Aussagen wie «weisst du, das verstehe ich als Stellwerksbeamter nicht so genau, aber es ist so und so…». Er verstand es, mit einer mehr als bildlichen Sprache Komplexes volksnah herunter zu brechen.

Der Familienmensch Heiri liebte auch Kinder. Wenn er etwas erzählte, fanden Kinder gutes Gehör für Heiris Worte. Unter seinen Nachfahren betrieben einige den Hallenradballsport. Ob die unter seiner Ägide gebauten oder renovierten Turnhallen deshalb mit einem Holzboden ausgestattet wurden, welcher besonders für den Radballsport als geeignet galt, ist nicht klar erwiesen.
Der schlagfertige Heiri Vogt schnürte mit seinem sicheren Politgespür über die Parteigrenzen hinaus massgebende Seilschaften. So fanden manche Projekte breite Akzeptanz, die er mit dem damaligen Stadtpräsidenten Martin Haas (FDP), der die direkte Art von Heiri überaus schätzte, oder mit seinem fast verbündeten Stadtratskollegen Leo Iten (SVP) gestaltete. Nicht zu vergessen ist die mehr als gute Zusammenarbeit mit dem Baupolizei-Chef Fridolin Störi, auch Duo Infernale genannt, die bei einigen Projekten alles an gesetzlich Möglichem in Betracht zogen, um ihre Ziele zu erreichen.

In seiner Freizeit unternahm er grosse Wanderungen und Radtouren in seinem Geburtstal, dem Tösstal. Klar war das heimische Kartenspiel, das Jassen, eine Lieblingsbeschäftigung, bei der er mit Ernst Wohlwend, Walter Baumann und Heinz Bächinger immer ein gutes Spiel machte und feine Geschichten zu erzählen wusste.

Das Ergebnis seines Wirkens als Bauvorstand zeigte sich vor allem in den publikumswirksamen Projekten wie Um- und Gestaltung des Grabens, des Neumarktes und der Steinberggasse und die Neubauten Storchenbrücke, Schulhaus Oberseen und Altersheim am Neumarkt. In seiner Amtszeit gestaltete er eine neue Bau- und Zonenordnung. Auch prägte er aktiv die Städtegemeinschaft für Bauvorsteher der Zentren von St. Gallen, Luzern und Schaffhausen zusammentrafen oder das Forum Graz, wo über den Erhalt der Altstädte mit Fussgängerzonen sinniert und Gestaltungsideen abgeleitet wurden.

Wenn Heiri in der Stadt spazierte, fiel auf, wie viele Menschen er kannte, mit denen er per «Du» war und all ihre Namen wusste. Seine heitere und direkte Art war aber nie anbiedernd, sondern zeigte glasklar auf, ich gehöre zu euch. Und er genoss es, im Mittelpunkt zu stehen.

Auch fand man Heiri mit seinem Stadtratskollegen Leo Iten ab und zu zusammen in der Stadt beim gemütlichen Trunk bei dem sie beide den von mir nicht ganz politisch korrekt angebrachten Männerwitz durchaus mit Lachen quittierten.

Wir behalten Heiri Vogt als aktiven, unkonventionellen Politiker und als von Natur aus fröhlichen Mensch und vor allem als aktiven Winterthurer in bester Erinnerung.

Für die Eulari Lapidari

Chrigel Hunziker der Vierte – 10.01.2021